Filigrane Papierkunstwerke der Mainzer Künstlerin Therese Prestel werden erstmalig im Landesmuseum Mainz ausgestellt

Ob die Rolle der Frau im frühen 20. Jahrhundert, das Mainzer Schützenfest oder die Reichstagswahlen der noch jungen Weimarer Republik – die Mainzer Künstlerin Therese Prestel war eine Meisterin des Scherenschnitts und illustrierte die Gesellschaft der 1910er bis 1920er Jahre in Mainz, Wiesbaden und Frankfurt auf zum Teil humorvolle Art und Weise. Geboren 1856 in Mainz, entstammt sie der bekannten Künstler- und Verlegerfamilie Prestel. Das Landesmuseum Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) zeigt vom 15. März bis 6. Juni 2022 in einer Kabinettausstellung in der Graphischen Sammlung erstmals eine Auswahl ihres rund 300 Blatt umfassenden Bestands an Scherenschnitten der Künstlerin Therese Prestel. Titel der Ausstellung: „Schemenhaft – Die Scherenschnitte der Therese Prestel“. Die seit 1. Januar neue Leiterin der Graphischen Sammlung, Dr. Maria Aresin, wird als Kuratorin, am Dienstag, 15. März um 18 Uhr, eine Einführung in die Ausstellung geben.

In ihren handgroßen humoristischen Arbeiten greift Prestel mit Vorliebe Themen der Zeit kurz nach 1900 auf. Eine besondere Rolle spielt dabei die Damenmode in der Zeit um den 1. Weltkrieg. Mit ihren aufwendigen Hüten, Taschen, Schirmen und Stöcken ausgestattet und begleitet vom obligatorischen Hündchen, flanieren die Damen über das Papier. In kurzen, fein mit Bleistift geschriebenen Notizen vermerkte Prestel dazu das jeweilige silhouettenhaft karikierte Ereignis: von Spaziergängen im Frankfurter Palmengarten, über Wanderungen im Taunus bis hin zum Mainzer Schützenfest.

Die geschnittenen Figuren dokumentieren nicht nur die Mode und den Geschmack der Zeit auf humorvolle Weise, sie bieten auch einen Einblick in das Leben Prestels selbst als einer Dame der Gesellschaft. Auch politisch brisante Themen wie der Weltkrieg selbst oder die Reichstagswahlen der noch jungen Weimarer Republik greift sie in ihren Schnitten auf. Die Rolle der Frau ist dabei stets betont oder findet besondere Berücksichtigung. Während viele der collageartigen Papierarbeiten an Freunde und Bekannte verschickt wurden, hat sich im Landesmuseum Mainz ein etwa 300 Blatt umfassender Bestand an Scherenschnitten der Künstlerin erhalten, der hier erstmals ausgestellt und im Feld der Scherenschnitttechnik verortet wird, die immerhin als eine der wichtigen Kulturtechniken um 1900 angesehen wird.

Therese Prestel, die 1921 in Mainz verstarb, ist die Tochter von Anna Britz (aus der Kurmainzer Familie Barth) und Johann Erdmann Gottlieb Prestel, der als Bildhauer und deutscher Maler vor allem für seine Tierporträts berühmt war.

Foto: © GDKE – Landesmuseum Mainz (Astrid Garth)

Therese Prestel: „Frankfurt im Mai 1911.“, Scherenschnitt und blaue Tinte, 142×130 mm, GDKE, Landesmuseum Mainz, Inv. 2022/16